100 Jahre Rotes-Zürich.
Abriss zum Jubiläum?!
Für den Erhalt der Seebahnhöfe
gegen den veralteten Gestaltungsplan

Referendum

2028 beginnt das 100 Jahre Jubiläum des Roten Zürich. Gerade jetzt sollen die wichtigsten Beispiele dieser Blütezeit der Genossenschaften abgerissen werden. In der heutigen Wohnungsnot werden panisch die stolzen Zeitzeugen der Überwindung der letzten Wohnungsnot dem Abriss preisgegeben, anstatt sie zu verdichten. Der Wert der Seebahnhöfe ist unbestritten. Die zwei Höfe Siedlung Kanzlei (ABZ, 1930) und Siedlung Seebahn (BEP, 1930) sind als schützenswert eingestuft, sowohl von der städtischen Denkmalpflege als auch vom Ortsbildschutz des Bundesamts für Kultur. Der Abrissplan wurde vor 20 Jahren gefasst und ist nicht mehr zeitgemäss. Die Gründe für den Ersatzneubau haben sich in der langen Planungsphase aufgelöst. Trotzdem wird stur auf dem alten Beschluss beharrt. Vor der Westumfahrung war die Gegend um die Seebahnhöfe als Problemquartier verrufen, strahlende Neubauten sollten Aufwertung signalisieren. Die Lage ist heute komplett anders. Der Erhalt günstiger Wohnungen täte dem Quartier gut. Es gibt zudem neue Dringlichkeiten. Die Meinung, ein Neubau sei ökologischer als eine Sanierung, ist veraltet. Der grosse Hebel zur Reduktion von Treibhausgasen liegt im Erhalt von Bausubstanz. Heute sind die Möglichkeiten von Verdichtung und Lärmschutz im Bestand auf einem anderen Niveau, zudem kommt auch noch Tempo 30 auf der Seebahnstrasse. Statt für ein fantasieloses Ersatzneubauprojekt, das den totalen Abriss vorsieht, um ungefähr die gleiche Anlage wieder hinzustellen, sollte das Instrument Gestaltungsplan dafür genutzt werden die Höfe kreativ und ressourcenschonend zu verdichten. Statt dem Beharren aus Pflichtgefühl gegenüber dem 20-jährigen Prozess begreifen wir die Situation als Glück: 1930 waren diese Höfe mutige Vorzeigebauten, 2030 könnte man durch mutiges Weiterbauen Projekte realisieren, die ihren Vorgängern gerecht werden. Die weltweit beachteten Zürcher Genossenschaften dürfen nicht gezwungen werden für das Drittelsziel ihre eigene gewachsene Geschichte zu opfern.

Die IG Seebahnhöfe-retten ergreift gegen den privaten Gestaltungsplan „Seebahn-Höfe“, Gemeinderatsentscheid vom 8. April 2025 das Volksreferendum.

Bitte ausgefüllte Bögen bis zum 9.6.2025 an diese Adresse: Referendumskomitee Seebahnhöfe, Langstrasse 21, 8004 Zürich

Gründe

Hof und Terrasse Kolonie Seebahn

• Die Seebahnhöfe sind das Herzstück des genossenschaftlichen Bauens im Roten Zürich. Kein anderer Genossenschaftsbau hat diese Kombination von Kindergarten, Läden, Siedlungssaal und durchgängige Dachterrasse mit grosszügigen Innenhöfen. Die in Zürich einzigartigen in der Höhe artikulierten Hofbebauungen sind mit dem Erismannhof zu einem selbstbewussten Dreiergespann verknüpft.

ISOS Ausschnitt Aussersihl

• Im nationalen Inventar schützenswerter Ortsbilder (ISOS) haben sie Schutzziel (A): umfassender Erhalt der Bausubstanz, Abbruchverbot, gleich wie die Zürcher Altstadt. Die städtische Denkmalpflege hat die zwei Höfe als „grundsätzlich Schutzwürdig“ eingestuft. Der nationale Heimatschutz hat sich aktuell entschieden die Höfe in ihre Rote Liste bedrohter Baukultur aufzunehmen.

Gemeinschaftssaal Siedlung Kanzlei

• Die Inventarentlassung 2016 erfolgte nicht, weil sie keinen grossen Wert haben, sondern trotz ihres Werts: Der Stadtrat entschied, dass ein Ersatzneubau wichtigere Interessen bedient. Zur Erinnerung: Erst durch Widerstand wurde in den 1960er Jahren der Erismannhof vor dem beschlossenen Abriss bewahrt. Kurz darauf musste die Riedtlisiedlung gerettet werden.

privater Gestaltungsplan Seebahnhöfe

• Zur Rechtfertigung des schmerzlichen Abrisses brauchte es eine Mehrnutzung – und diese konnte nicht im Rahmen der geltenden Baugesetze realisiert werden, sondern nur im Rahmen eines Gestaltungsplans. Der hochgradige Wert der Seebahnhöfe, der umstrittene Stadtrat-Entscheid und das Verfahren Gestaltungsplan haben dazu geführt, dass der Planungs-Prozess schon über 20 Jahre dauert (Antrag Inventarentlassung BEP 2004, ABZ 2008, Quartierleitbild 2010, Konkurrenzverfahren BEP 2013, ABZ 2015).

CO2-Bilanz Ersatzneubau

• Die Zeiten haben sich geändert: Zur vorherrschenden Klimakrise sagt die Fachwelt deutlich: das Bauen im Bestand ist der grosse Hebel zur Reduktion der Treibhausgase. Mit Blick auf Vergleichsprojekte würde eine Verdichtung der Seebahnhöfe im Bestand 40% weniger Treibhausgase produzieren als der Ersatzneubau. Zudem sind viele ursprüngliche Ersatzneubau-Argumente verschwunden: Die im Quartierleitbild 2010 problematisierten sozialpolitischen Entwicklungen des Quartiers Hard sind seit dem Wegfall der Westtangente nicht mehr nachvollziehbar. Die mit dem Neubau angestrebten sozialen Zielwerte bestehen heute schon.

Verkehr auf der Sihlfeldstrasse

• Tempo-30 auf der Seebahnstrasse reduziert viel Lärm, zudem wurde die Gesetzgebung bezüglich Bauen im Lärm entschärft: Anstatt dem Neubau mit Lärmgrundrissen wären mit kleineren baulichen, und ergänzenden technischen Massnahmen die Grenzwerte einhaltbar. Neues Know-How lässt energetische Sanierungen und Behindertengerechtigkeit gut im Bestand lösen: Die vorliegenden Ersatzneubau-Projekte sind deshalb nicht mehr zeitgemäss. Das Prüfen von Alternativen wird vom Stadtrat mit dem Argument abgetan, dass mit dem Gestaltungsplan die letzte Hürde genommen sei. Aber aufgrund des im ISOS festgesetzten Abrissverbots und der Zuständigkeit auf Bundesebene ist es ungewiss, ob das Projekt überhaupt bewilligbar ist. Mit einer weiteren, jahrelangen Verzögerung ist zu rechnen.

Überprüfung publizierte Zahlen

• Zur Verdichtung: Die Zahlen des Stadtrats sprechen von einer Verdoppelung der Bewohner*innenschaft von heute 500 auf künftig 1000 Personen. Wie das auf ähnlichem Fussabdruck, nur teilweise mehr Stockwerken und einem grösseren Flächenverbrauch pro Kopf gelingen soll, wirft Fragen auf. Eine Nachzählung durch die IG auf Grundlage der publizierten Wohnungsspiegel vom Bestand und Projektplänen und der geltenden Belegungsvorschriften der beiden Genossenschaften ergibt, dass der Zuwachs nicht 100%, sondern 46% beträgt.

Projektvision Seebahnhöfe

• Eine solche Verdichtung durch An- und Umbau des Bestands zu erreichen scheint machbar. Die Denkmalpflege hatte in ihrer Einschätzung 2016 jedenfalls klargemacht, dass sie zum Erhalt der Höfe auch für Umbauten und Teilersatz offen wäre – es droht also kein Freilichtmuseum.

Überlagerung Gestaltungsplan und Bestand

• Das Instrument des Gestaltungsplans: die lokale Aushebelung der Regelbauweise, wurde leider völlig fantasielos vergeudet. Auf dem praktisch gleichen Fussabdruck soll neu erstellt werden, was heute schon da ist. Auf Kosten von sehr günstigen Wohnungen, einem einzigartigen Baudenkmal und einer intakten Nachbar*innenschaft.

Das Ausnahme-Gesetz Gestaltungsplan verlangt die sorgfältige Prüfung des Gemeinderats, diese Aufgabe hat er schlicht nicht erfüllt, indem beispielsweise kein ISOS Gutachten eingeholt wurde. Zudem hat die IG frühzeitig mehrfach um Anhörung gebeten, um auf mögliche Alternativen, kontroverse Punkte und die fragwürdigen Bewohner*innen-Zahlen hinzuweisen. Dies wurde verwehrt.

Stattdessen wurde der Gestaltungsplan im Gemeinderat schlicht durchgewunken. Mit einem Gestaltungsplan, zusätzlich mit der signalisierten Bereitschaft der Denkmalpflege wäre wirklich relevante Architektur möglich gewesen.

IG Seebahnhöfe retten

Die IG Seebahnhöfe ist eine Gruppe von Bewohner*innen der Stadt Zürich, die sich aus den Bereichen Architektur, Politik, Klimaaktivismus, Stadtplanung, Geschichte, Kunst und Soziologie heraus für den Erhalt der Seebahnhöfe einsetzen.

Zeitplan

8. April 2025
Entscheid im Gemeinderat
16. April 2025
Beginn der Referendumsfrist
16. Juni 2025
Ablauf der Referendumsfrist
30. November 2025
Volkskabstimmung (voraussichtlich)

Medien

Über die Seebahnhöfe und den Kampf um deren Erhalt wurde schon in verschiedenen Medien berichtet. Hier eine Auswahl. Die Liste wird laufend aktualisiert.